Die komplexen Untersuchungen zum Alten Dom St. Johannis in Mainz umfassen nicht nur die archäologischen Ausgrabungen in der Kirche selbst, sondern auch Nachforschungen in Bibliotheken und Archiven. Jetzt wurden der Öffentlichkeit bisher unbekannte Farbzeichnungen des Innenraums von St. Johannis entdeckt.
Es handelt sich um aquarellierte Bleistiftentwürfe von Otto Linnemann, die er im Jahre 1907 zur Umgestaltung der Kirche durch den Darmstädter Architekten Friedrich Pützer anfertigte. Die Zeichnungen sind Bestandteil des Linnemann-Archivs in Frankfurt. Otto Linnemann und sein Bruder Rudolf führten damals die Innenausmalung von St. Johannis aus. Das Glasmalereiatelier Linnemann war das führende Atelier für Historismus und Jugendstil und stellte neben Glasmalereien für zahlreiche Sakral- und Profanbauten im In- und Ausland auch Wandmalereien her. Das Archiv der beiden Brüder wird zurzeit von der Kunsthistorikerin Bettina Schüpke im Rahmen ihrer Doktorarbeit systematisch erforscht.
Nun ist es möglich, einen farbigen Eindruck der bisher nur durch schwarz-Weiß-Fotografien dokumentierten Kirche zu rekonstruieren. Zusammen mit Bettina Schüpke wurden die endgültigen Farb-Einstellungen anhand ihrer Kenntnisse des Werks der Linnemanns am Computer in Darmstadt durchgeführt. Sie werden am 7. September zur Nacht der offenen Kirchen und am 9. September im Rahmen des Tags des offenen Denkmals im Alten Dom St. Johannis erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Farbrekonstruktion ist eingebettet in einen Gesamtfilm, der sieben Bauphasen des Alten Doms vorstellt. Neben der filmischen Darstellung wird die Baugeschichte von St. Johannis auch durch haptische Schnittmodelle visualisiert, die die Bauphasen von außen und innen zeigen.